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Die Weihnachtsmaus
Die Weihnachtsmaus ist sonderbar (sogar 
    für die Gelehrten),
    denn einmal nur im ganzen Jahr 
    entdeckt man ihre Fährten.
    
Mit Fallen oder Rattengift kann man die 
    Maus nicht fangen.
    Sie ist, was diesen Punkt betrifft, noch nie ins Garn gegangen. 
Das ganze Jahr macht diese Maus den Menschen 
    keine Plage.
    Doch plötzlich aus dem Loch 
    heraus kriecht sie am Weihnachtstage.
Zum Beispiel war vom Festgebäck, das 
    Mutter gut verborgen,
    mit einem Mal das Beste weg am 
    ersten Weihnachtsmorgen.
Da sagte jeder rundheraus: "Ich hab 
    es nicht genommen!
    Es war bestimmt die Weihnachtsmaus, die über Nacht gekommen."
Ein andres Mal verschwand sogar das Marzipan 
    von Peter,
    was seltsam und erstaunlich war, denn niemand fand es später.
Der Christian rief rundheraus: "Ich 
    hab es nicht genommen!
    Es war bestimmt die Weihnachtsmaus, die über Nacht gekommen."
Ein drittes Mal verschwand vom Baum, an 
    dem die Kugeln hingen,
    ein Weihnachtsmann aus Eierschaum nebst andern leckren Dingen.
Die Nelly sagte rundheraus: "Ich habe 
    nichts genommen!
    Es war bestimmt die Weihnachtsmaus, die über Nacht gekommen."
Und Ernst und Hans und der Papa, die riefen: 
    "Welche Plage!
    Die böse Maus ist wieder 
    da, und just am Feiertage!"
Nur Mutter sprach kein Klagewort. Sie sagte 
    unumwunden:
    "Sind erst die Süssigkeiten 
    fort,  ist auch die Maus verschwunden!"
Und wirklich wahr: die Maus blieb weg, 
    sobald der Baum geleert war,
    sobald das letzte Festgebaeck gegessen und verzehrt war.
Sagt jemand nun, bei ihm zu Haus -bei 
    Fraenzchen oder Lieschen -
    da gaeb es keine Weihnachtsmaus, dann 
    zweifle ich ein bisschen!
Doch sag ich nichts, was jemand kränkt! 
    Das könnte euch so passen!
    Was man von Weihnachtsmaeusen 
    denkt, bleibt jedem überlassen.
    
  
(James Kruess)
 
    
 
       
    
 
       
 
  
Weihnachten
    
Markt 
    und Straßen stehn verlassen,
    still erleuchtet jedes Haus,
    Sinnend' geh ich durch die Gassen,
    alles sieht so festlich aus.
An den Fenstern haben Frauen
    buntes Spielzeug fromm geschmückt,
    Tausend Kindlein stehn und schauen,
    sind so wunderstill beglückt.
Und ich wandre aus den Mauern
    Bis hinaus ins freie Feld,
    Hehres Hlänzen, heil'ges Schauern!
    Wie so weit und still die Welt!
Sterne hoch die Kreise schlingen,
    Aus des Schnees Einsamkeit
    Steigt's wie wunderbares Singen-
    O du gnadenreiche Zeit!
    
    
(Joseph von Eichendorf)